Max Weber-Wochen bei somabeat

Max Weber - talkie walkie - somabeat

Max Weber lebte von 1864 bis 1920 und ist eine Koryphäe. Sein Werk war nicht bloß überproportional schöpferisch und tiefgängig. Max Weber besaß auch die Gabe, sich in einer Weise auszudrücken, welche die Perzeption seiner Texte zu einem ästhetischen und gleichermaßen ethischen Gewinn macht. Neben dem Spektrum des Wissens, das hier ausgebreitet, verknüpft, elaboriert und gezündet wird, stehen der Stil und die ungeheure Integrität dieses Mannes.
Und wer war jetzt Max Weber? Ein thüringisches verhätscheltes Reichensöhnchen, das es sich leisten konnte, sich zum Wilhelminischen Gelehrten heranzubilden? Na Gott sei Dank. Zwar studierte er u.a. bei Theodor Mommsen, machte sich aber später als Nationalökonom, Jurist und Soziologe einen Namen. Heute gilt er als ein Übervater der Soziologie und wird auch in den Geschichts-, Kultur- und Religionswissenschaften zuvorderst in die akademische Nachwuchsproduktion integriert. Zu Recht! rufe ich da.
Leider wurde Weber seinerzeit nur wenig Aufmerksamkeit zuteil und nach dem 2.Weltkrieg las man an deutschen Unis eher seltener die Heroen der Kaiser- und Weimarer Zeit. Erst Mitte der 60er Jahre schwappte Weber quasi als Reimport aus den USA wieder nach Deutschland und Europa zurück (u.a. forciert durch Talcott Parsons, der enorme Mitschuld am Strukturfunktionalismus und der Systemtheorie trägt). Seitdem ist Weber zum gefeierten Klassiker avanciert, einer, vor dem man sich an den Universitäten in puncto Geistes- und Sozialwissenschaft kaum noch verstecken kann und der so manchem Studi schon kräftig zum Halse raushängt. Zuerst wird er in der Soziologieeinführung durchgekaut, dann im Seminar über das Verhältnis von Herrschaft und Verwaltung in den Politikwissenschaften, und dann – der Student denkt nichts schlimmes, hat sich auf eine esoterisch behauchte Vorlesung über die Jenseitsvorstellungen der Weltreligionen eingestellt – taucht doch der Weber auch in der Religionswissenschaft an vorderster Front auf. Das muß nicht sein. Also daß Maximilian Carl Emil jemandem zum Hals raus hängt. Man braucht den Mann nur zu LESEN i d e a l t y p i s c h e r we i s e, und zwar Weber selbst, nicht über Weber.
Weber ist logophil. Er schreibt gestochen scharf, jedes Wort sitzt, dicht wie Marmor, und er ist dabei alles andere als blutleer, manchmal sogar poetisch. Hat man sich erst eingelesen, ist die Präzision (nicht unbedingt die Validität) seiner Gedankengänge ein andauerndes Leuchten, das den Geist aufschließt, ihn mitnimmt, ihn schweifen läßt... Max Weber ist ganz und gar nicht altbacken, und er kommt zur Sache, vom ersten bis zum letzten Satz. Das muß man erst mal bringen. Der heute gepflegte Ton in akademischen Publikationen, die moderne Wissenschaftssprache mag sich ein Beispiel nehmen.
Berühmte Schriften sind Wirtschaft und Gesellschaft, Soziologische Grundbegriffe, Politik als Beruf, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie und natürlich Die protestantische Ethik und der “Geist” des Kapitalismus. Max Weber lesen ist ein Hochgenuß. In seinen Worten darf man schwelgen, anhand seiner Gedanken die Welt durchschreiten, nicht ohne den einen oder anderen Purzelbaum oder Haken zu schlagen; – und! fortiter in re, suaviter in modo – das Staunen bleibt. Das Staunen über einen regen, weltmännischen Geist und über seine Erkenntnisse & Ideen. Deshalb feiern wir hier bei somabeat Max Weber – Wochen und unsere kleine Apotheose.
Zum Schluß, natürlich, noch ein Zitat aus der Protestantischen Ethik (1905/1920). Weber echauffiert sich am Ende des Opus gerade über die rationale Lebensführung der modernen Kultur, den damit einher gehenden Verzicht auf das “schöne und volle Menschentum” und über das vorherrschende Berufsethos (Arbeit um der Arbeit Willen):

“Denn indem die Askese aus den Mönchszellen heraus in das Berufsleben übertragen wurde
und die innerweltliche Sittlichkeit zu beherrschen begann, half sie an ihrem Teile mit daran, jenen mächtigen Kosmos der modernen [...] Wirtschaftsordnung erbauen, der heute den Lebensstil aller einzelnen, die in dies Triebwerk hineingeboren werden – nicht nur der direkt ökonomisch Erwerbstätigen –, mit überwältigendem Zwange bestimmt und vielleicht bestimmen wird, bis der letzte Zentner fossilen Brennstoffs verglüht ist.”



wahrhaft schöne Wissenschaft


Max Weber - Wirtschaft und GesellschaftMax Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der Verstehenden Soziologie. Studienausgabe, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), 5.Auflage Tübingen 1980ff.








Max Weber - SchriftenMax Weber: Schriften 1894 – 1922, hrsg. v. Dirk Kaesler, Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 2002.





Ausgewählte Max Weber - Zitate, die unsere Webseite im Oktober und November schmückten:

"Verzicht auf die faustische Allseitigkeit des Menschentums"

"diese höchst universelle Erscheinung wurzelt in ganz allgemeinen inneren Konstellationen"

"dieses seelische Komfortbedürfnis nach der Legitimität des Glückes"

"Sexuelle Vertragsfreiheit ist nichts Primitives"

"die Beweismttel sind heute primär rational: Urkunden und Zeugen"

"Kein Kampf gegen rationalen Erwerb, sondern gegen irrationale Verwendung des Besitzes"




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